Hatha-Yoga - was genau ist das eigentlich?
Ist mit Hatha-Yoga einfach nur ein bestimmter Stil der Asana-Praxis gemeint, oder verbirgt sich mehr hinter diesem Begriff? Hier erfährst du, was "Hatha-Yoga" bedeutet.
Hatha-Yoga als Bestandteil der alten Tradition des Yoga
Während es heute eine Vielzahl an verschiedenen Yogastilen gibt - darunter Iyengar Yoga, Ashtanga Yoga, Jivamukti Yoga, Power Yoga, Bikram Yoga, Forrest Yoga, Hormonyoga und viele andere mehr -, geht die Bezeichnung "Hatha-Yoga" auf weitaus frühere Zeiten zurück als die modernen Stilrichtungen.
Yoga hat eine sehr lange Tradition und ist ursprünglich ein Übungs- und Erleuchtungsweg, der eng mit bestimmten philosophischen Anschauungen des alten Indiens verknüpft ist. Die Geschichte des Yoga reicht bis in vedische und sogar in vor-vedische Zeiten zurück. Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene Strömungen des Yoga, so dass sich eine Vielfalt an unterschiedlichen Yogarichtungen ausdifferenzierte - schon lange vor der heute vor allem im Westen beliebten Bandbreite an Yogastilen, bei denen es sich hauptsächlich um verschiedene Formen der Asana-Praxis handelt.
Unter anderem spielten tantrische Einflüsse eine Rolle bei der Herausbildung der diversen Strömungen, aber auch wichtige Überlieferungen wie Patanjalis Yogasutra waren prägend. Neben den diversen Yogatraditionen, die von Swamis und Gurus begründet und weitergegeben wurden und beispielsweise jeweils spezifische Meditationstechniken und andere Praktiken umfassen, gibt es übergeordnet einige grundlegende Yogapfade, wie etwa den Yoga der Erkenntnis (Jana-Yoga) oder den Yoga der Hingabe (Bhakti-Yoga).
Hatha-Yoga setzt im Unterschied etwa zu diesen beiden Wegen auf physischer Basis an, nimmt dabei aber außerdem direkten und bewussten Einfluss auf die energetische Ebene und soll über innere Reinigung und die in Gang gesetzten subtilen, feinstofflichen Vorgänge letztlich den spirituellen Zielen des Yoga dienen. Zugleich gab es auch Strömungen, in denen mit Hatha-Yoga-Praktiken die Unsterblichkeit des Körpers angestrebt wurde. Die eigentliche Unsterblichkeit jedoch - so ist es in bedeutenden Quelltexten überliefert - lag auch für die Hatha-Yogis in der Realisation des höchsten Seins bzw. der allursächlichen Einheit.
Elemente des Hatha-Yoga: Pranayama, Asana-Praxis und Reinigungspraktiken
Die heutzutage wohl bekannteste Gruppe an Übungen aus dem Hatha-Yoga sind die Asanas, also die Haltungen, die ein zentrales Element der physischen Yogapraxis darstellen. Funde aus den Ausgrabungsstätten auf dem Gebiet des alten Mohenjo-Daro und des alten Harappa zeigen, dass es schon in der alten Industalkultur, d.h. in der Bronzezeit, Praktiken gab, die den viel später textlich erwähnten Asanas gleichkommen.
Im ursprünglichen Hatha-Yoga lag aber offenbar ein noch viel größeres Augenmerk auf Pranayama, sprich: auf den yogischen Atemtechniken. Noch unmittelbarer vielleicht als die Asanas wirkt Pranayama auf verschiedenen Ebenen – auf der körperlichen ebenso wie auf der energetischen und der geistigen. So kam den Atempraktiken eine hohe Bedeutung zu.
Zudem galt es als wichtig, den Körper nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich zu reinigen. Dafür gab es ganz bestimmte Praktiken, die als Shat-Karma ("sechs Handlungen") bekannt sind. Darunter ist beispielsweise das starke Seitwärtsbewegen der Bauchmuskeln, das sich mit etwas Übung erlernen lässt und die Bauchorgane anregen soll, oder das Starren in die Flamme einer Kerze, das die Selbstreinigung der Augen fördern soll - es finden sich aber auch gewöhnungsbedürftige Techniken darunter wie etwa das Reinigen von Magen und Speiseröhre mittels eines Stoffstreifens, den man zu diesem Zweck schluckt.
Außerdem zählen so genannte Siegel, die Mudras, und "Verschlüsse", die Bandhas, zu den Techniken des Hatha-Yoga.
Über diese physischen Praktiken hinaus kann man auch Meditation - insbesondere im Sinne von Dhyana als Visualisierung - als Teil des Hatha-Yoga bezeichnen. Als Quelle dazu lässt sich z.B. die Gheranda-Samhita hinzuziehen, auf die wir später noch zu sprechen kommen.
Energetische Aspekte des Hatha-Yoga
Über die Reinigung, Kräftigung und Geschmeidigerhaltung des Körpers hinaus war schon immer die Vermehrung und Lenkung von Energie innerhalb des feinstofflichen Systems des Menschen ein Kernelement des Hatha-Yoga. Das wird u.a. an der oben schon erwähnten zentralen Bedeutung des Pranayama auf diesem Pfad des Yoga deutlich. Die Atemtechniken sind eine gezielte Arbeit mit Prana (dieser Begriff meint zugleich den Atem und die Lebenskraft oder Vitalenergie). Auch die bereits angesprochenen Mudras und Bandhas wirken auf die energetische Ebene ein. Hatha-Yoga weist zudem eine Überlappung mit Kundalini-Yoga (im ursprünglichen Sinne; gemeint ist hier nicht die später von Yogi Bhajan begründete Yogarichtung) auf, da auch im höheren Hatha-Yoga die Kundalini-Kraft teilweise stark im Zentrum steht.
Der Begriff hatha bedeutet im Sanskrit wörtlich etwa "unausweichliche Kraft" oder auch "Beharrlichkeit". Häufig wird den Silben ha-tha allerdings die Bedeutung "Sonne-Mond" zugeschrieben, was wiederum im Sinne einer Symbolik von Lebenskraft und Bewusstsein interpretiert wird.
Wichtige Schriften des Hatha-Yoga
Unter den alten Quelltexten, in denen der Hatha-Yoga mit seinen Praktiken überliefert ist, sind insbesondere die Hatha-Yoga-Pradipika und die Gheranda-Samhita hervorzuheben. Die HYP stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde von Svatmarama verfasst. Diese klassische Yogaschrift behandelt Pranayama umfangreicher als die anderen Elemente des Hatha-Yoga - so ist etwa den Asanas ein eher geringer Teil des Werks gewidmet. Sie werden dafür allerdings gleich im ersten Kapitel thematisiert, und zwar zusammen mit den Kategorien Yama und Niyama, also ethischen Grundsätzen und weiteren Lebensregeln.
Besonders ausführlich wird der Hatha-Yoga in der Gheranda-Samhita dargelegt. Diese Schrift wird auf das 17. Jahrhundert datiert. Laut dem Verfasser Gheranda gibt es die ungeheure Anzahl von 8.400.000 Asanas, von denen 84 wichtig und 32 ganz besonders wichtig seien. Letztere werden im Text genau beschrieben.
Moderne Weiterentwicklungen des Hatha-Yoga
In den 1920er Jahren gründete der Inder Krishnamacharya in Mysore eine Hatha-Yoga-Schule, die große Berühmtheit erlangt hat. Er unterrichtete T.K.V. Desikachar ebenso wie B.K.S. Iyengar und K. Patthabi Jois, die aus dem Erlernten wiederum jeweils ihre eigenen Stile des Übens entwickelten und damit ebenfalls weltweit bekannt wurden. Auf den so entstandenen Formen der Asana-Praxis basieren die meisten der in der heutigen facettenreichen Yogaszene vertretenen Stile - mal direkter, mal indirekt.
Ein interessantes aktuelles Forschungsprojekt zu Hatha-Yoga
Wer sich für die Geschichte des Hatha-Yoga interessiert, findet in den Veröffentlichungen aus dem Forschungsprojekt The Hatha Yoga Project fundierte Informationen. Das Projekt wurde von 2015 bis 2020 an der SOAS University of London in Kooperation mit Forschern der École française d'Extrême-Orient in Pondicherry durchgeführt und vom Europäischen Forschungsrat finanziert. Beteiligt war u.a. James Mallison, der zusammen mit Mark Singleton das Buch Roots of Yoga geschrieben hat, das wertvolle Einblicke in alte Quelltexte gibt.
Für die Hatha-Yogis von heute: Zubehör für die Asana-Praxis und für die Meditation
Heute hat es sich bewährt, Asanas auf rutschfesten Yogamatten zu praktizieren. Viele der gängigen Yogastile setzen außerdem Props oder Yoga-Hilfsmittel ein. Auch für die Meditation gibt es Zubehör, insbesondere Meditationskissen, die einen bequemen aufrechten Sitz unterstützen. Genau hier liegt unser Know-how als Hersteller. Sieh dich also gern in unserem breitgefächerten und qualitativ hochwertigen Sortiment um!
FAQ
Ist Hatha-Yoga ein neuerer Yogastil?
Nein, Hatha-Yoga ist ein Übungsweg des Yoga, dessen Tradition weit in die Geschichte zurückreicht. Die modernen, Asana-basierten Yogastile sind Unterformen bzw. Teilformen davon.
Welche Techniken gehören zum Hatha-Yoga?
Hatha-Yoga umfasst eine Vielzahl verschiedener Techniken und Praktiken. Eine Gruppe davon sind die heute sehr beliebten Asanas, zudem werden im Hatha-Yoga traditionell Pranayama sowie auch Mudras, Bandhas, Reinigungspraktiken und weitere Techniken praktiziert. Auch Meditation spielt in den alten Hatha-Yoga-Quellen eine Rolle.
Was ist die Begriffsbedeutung von "Hatha-Yoga"?
Wörtlich übersetzt bedeutet hatha im Sanskrit "unausweichliche Kraft", "Beharrlichkeit". Oft werden den Silben ha und tha aber auch die Bedeutungen "Sonne" und "Mond" zugeschrieben, wobei die Sonne symbolisch für die Lebenskraft und der Mond für das Bewusstsein steht und auch das energetische Zusammenspiel der Polaritäten gemeint sein kann.